55 —
Neben dem Bodenbau spielen unter den Erwerbsquellen
b) die Viehzucht (besonders im Schwalmgrund) und
c) die Forstwirtschaft eine wichtige Rolle.
An Bodenschätzen ist die Landschaft arm. Außer Stahl-
und Salzquellen (Oeynhausen, Lippspringe, Pyrmont) kommen
nur noch die Stein- und Braunkohlenlager des Deister
in Betracht. In den Steinkohlenbergwerken desselben sind etwa
2200 Arbeiter beschäftigt, die jährlich über Mill. Tonnen
fördern. Sie sind für die Entwicklung der hannoverschen In-
dustrie nicht ohne Bedeutung gewesen.
Aber an Sand- und Kalksteinbrüchen ist der Deister
reich; in ihnen finden rund 2000 Arbeiter Beschäftigung.
Welche Stellung nimmt die Berglandschaft als Stätte des
Gewerbes, des Handels und Verkehrs ein?
a) Gewerbe. Infolge des Mangels an größeren Rohstoff -
mengen wird die Industrie meist nur als Heimindustrie betrieben.
Den wichtigsten Zweig der Heimindustrie bildet das Leinwand-
gewerbe, und zwar in den Bezirken Fulda, Hersfeld und
Kassel.
In Bielefeld (62000), Herford und Umgegend hat die
Leinenindustrie heute große wirtschaftliche Bedeutung; sie wird
fast nur als Großindustrie betrieben. Daher sind in neuerer
Zeit großartige Flachsspinnereien, Leinwand- und Damast-
webereien und im Zusammenhange damit auch Bleich-
anstalten und Wäschefabriken entstanden. Selbst die
Seiden-, Samt- und Plüschweberei hat größeren Umfang
angenommen.
Auch die Eisenindustrie Bielefelds ist von großer Be-
deutung; sie liefert Nähmaschinen, Fahrräder, Dampfmaschinen
und Dampfkessel, was auf das Vorhandensein der nahen (wenn
auch geringeren) Steinkohlen- und Eisenlager zurückzuführen ist.
Die einzige Großstadt und gleichzeitig die gewerbreichste
Stadt ist Kassel (106 000). Besonders großartig hat sich
hierselbst die Eisenindustrie, nämlich Gießerei, Lokomo-
tiven- und Maschinenbau entwickelt. Bekannt ist die große
Maschinenfabrik von Henschel & Sohn. Daneben blühen Piano-
forte-, Gold- und Silberwaren-, Porzellan- und Tonwaren-
fabrikation.
Auch als Eisenbahnknotenpunkt ist Kassel merkens-
wert, da es in der Mitte der beiden Berglandschaften gelegen ist.
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67
Spiritusbrennereien, sowie Spinnereien, Salinen, chemische
Fabriken (S. Halle) sind die Hauptabnehmer.
In Verbindung mit der Erzgewinnung steht die Maschinen-
fabrikation. Besonders die braunschweigische genießt zum
Teil Weltruf.*)
Ursprünglich suchte sie nur die Bedürfnisse der aufblühenden Zucker-
industrie, der Landwirtschaft, der Miihlenindustrie, des Bergbaues und der
Eisenbahn zu befriedigen.
Später entstanden Werke, die sich vorwiegend mit der Her-
stellung moderner Gebrauchsgegenstände, wie Geldschränke
und Nähmaschinen, befaßten.
Die Gesamtzahl der im Braunschweigischen bestehenden
Fabriken der Eisenindustrie beträgt rund 50, ihre Arbeiter-
zahl 8000. Der Export findet nach allen Erdteilen statt.
Den größten Eisen industriebezirk des Vorlandes bildet
die Gegend von Peine in dem Dreieck Braunschweig —
Hannover — Hildes heim. Die südlich von Peine gelegenen
Erzlager haben die Ilseder Hochofenanlage und das Pein er
Walzwerk ins Leben gerufen. Die Kohlen müssen allerdings
aus Westfalen und dem Weserberglande bezogen werden.
In den Walzwerken dieses Bezirks werden Band- und Stabeisen,
Schienen, Schwellen usw. hergestellt. Die Fabrikation an Roheisen be-
trägt 1/i Milliarde Kilogramm, die Zahl der Arbeiter in den Ilseder Gruben
und Hütten 4200.
Als ein Nebenprodukt gewinnt man beim Schmelzen des Eisens noch
jährlich 60 000 t Phosphatmehl, ein sehr geschätztes Düngemittel.
Hannover (209 000) ist in neuerer Zeit infolge Ein-
gemeindung verschiedener Vororte mit der Fabrikstadt Linden
zu einem bedeutenden Industriezentrum geworden. Be-
sonders beachtenswert ist die Eisen- und Textilindustrie,
die Bierbrauerei und Geschäftsbücherfabrikation.
Östlich von Hannover befindet sich der Mittelpunkt der
Zementfabrikation. Sie beschäftigt 2000 Menschen, und die
jährliche Produktion beträgt 4 Mill. Faß.
In der Nähe liegt ferner eine Gummikammfabrik mit
1400 und die »Hannoversche Holzbearbeitungs- und Waggon-
fabrik« mit 600 Arbeitern.
Südlich von derselben Stadt (in Döhren) befindet sich
*) Die zu den leistungsfähigsten Firmen der braunschweigischen
Maschinenindustrie zählende Firma von G. Luther hat die Katarakten-
regulierung an der unteren Donau (eisernes Tor) ausgeführt. In wenigen
Jahren mußten 1 750 000 cbm härtesten Gesteins gesprengt und fort-
geschafft werden.
5*
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— 70 —
3. des sächsischen Berglandes.
Es bildet die weitere nördliche Abdachung und beherbergt weder
Kohlen noch Erze. Dagegen trägt es auf seiner flachwelligen Oberfläche
teilweise sehr fruchtbaren Lößboden, während das allmählich zur Ebene
abfallende Hügelland vielfach mit älteren und jüngeren Ablagerungen
bedeckt ist.
Womit beschäftigen sich die Bewohner des Erzgebirges?
1. Mit Bergbau auf Erze und Kohlen.
a) Silber. Die Mengen des gewonnenen Erzes, besonders
des Silbers, sind ganz beträchtlich. Das Erzgebirge steht sogar
in dieser Hinsicht in Europa an erster Stelle.
Man unterscheidet besonders zwei Silberproduktions-
bezirke.
Der eine liegt im Gebiete der Städte Annaberg und
Joachim s tal hoch oben im Gebirge, wo über 230 Personen
auf 1 qkm wohnen.
Der zweite, wichtigere Silberbezirk hat zum Mittelpunkte
Freiberg an der Mulde.
Zwecks Gewinnung der Erze hat man hier viele Schächte,
Stollen, Teiche und Kanäle angelegt, die in ihrer Art muster-
gültig und für viele Verwaltungen anderer deutscher und auch
außerdeutscher Bergwerke vorbildlich geworden sind.
Unter den zahlreichen Gruben ist die » Himmelfahrt «-
Fundgrube die bedeutendste. Leider ist die Produktion von
Jahr zu Jahr erheblich geringer geworden.
Im Jahre 1893 belief sich das gesamte Ausbringen der
239 Betriebe, in denen etwa 3500 Personen beschäftigt wurden,
auf 40 376 t; dagegen 1902 nur noch auf 23 000 t im Werte
von 1,9 Mill. Mark gegen 9 Mill. Mark im Jahre 1880.
Von 23 000 t Erzen waren etwa 12 000 t Silbererze.
b) Andere Erze. Außer dem Silber werden besonders
noch Blei-, Nickel-, Eisen-, Zinnerze gewonnen. Für das letztere
Erz ist das Erzgebirge (Zinnwald) (Geising) die wichtigste
Fundstelle in Deutschland. Neben diesen Erzen nehmen Kobalt-
und Wismuterze eine beachtenswerte Stellung ein, ferner alle
Arten von Spaten.
In Gesellschaft der edlen Metalle werden auch noch Zier-
und Schmucksteine gefunden, wie Serpentin, Topas, Achat,
Jaspis und Amethyst. Auch der sonst sehr seltene Schmirgel
wird gewonnen.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Joachim
Extrahierte Ortsnamen: Europa Städte_Annaberg Freiberg Geising Deutschland
71
c) Steinkohlen.
Der Bergbau auf Steinkohlen beschäftigt mehr als 2/3 aller
sächsischen Bergarbeiter (in 28 Betrieben etwa 26 000 Arbeiter).
Er wird hauptsächlich in 2 Bezirken betrieben.
1. Bezirk. Dieser liegt im erzgebirgischen Becken
zwischen Werdau—zwickau—chemnitz. Er umfaßt ein Gebiet
von 30 km Länge und 7 bis 13 km Breite.
2. Bezirk. Derselbe liegt im Plauenschen Grunde und
hat eine Länge von 11, eine Breite von etwa 4 km und 5 abbau-
würdige Flöze.
Der Bergbau auf Steinkohlen weist im Gegensatze zur
Erzgewinnung eine stete Zunahme auf.
In beiden Bezirken wurden insgesamt im Jahre 1893 etwa
4 000 000 t im Werte von 40 Mill. Mark, im Jahre 1902 etwa
4 500 000 t im Werte von 53 Mill. Mark gefördert.
d) Braunkohlen.
Die Braunkohlengewinnung gruppiert sich vornehmlich
um die Städte Borna, Grimma, Kamenz und Zittau.*)
Das Ausbringen betrug im Jahre 1893 etwa 1 Mill. Tonnen
im Werte von 2,5 Mill. Mark, im Jahre 1902 etwa l3/4 Mill.
Tonnen im Werte von 4,5 Mill. Mark.
In 92 Betrieben arbeiteten etwa 3500 Arbeiter.
2. Mit Industrie. Seitdem der Bergbau auf Erze im Ge-
birge im Niedergang begriffen ist, hat sich die überaus zahlreiche
Bergarbeiterbevölkerung der Industrie zugewandt. Besonders im
westlichen Teile, in den Amtshauptmannschaften Schwarzenberg
und Annaberg, hat sie die größte Ausdehnung angenommen.
Einen bedeutenden Industriezweig bildet daselbst die
a) Spielwarenfabrikation, die bis vor kurzem haupt-
sächlich als Hausindustrie betrieben wurde. In etwa 1200 Be-
trieben waren rund 3000 Personen tätig. Jedoch sind in den
letzten Jahren überall Fabriken entstanden, die teilweise 25 bis
200 Arbeiter beschäftigen. Die Maschinen haben daher unter den
Heimindustriellen der Holzspielwarenfabrikation sehr aufgeräumt.
b) Die Spitzenklöppelei, die vor Jahrhunderten
durch die Brabanterin Barbara Uttmann in Annaberg zuerst
Eingang gefunden, ist gleichfalls sehr zurückgegangen.
Die wichtigsten Erzeugnisse sind leinene, wollene,
baumwollene und seidene Spitzen zur Verzierung von
*) Borna, Grimma, Kamenz liegen allerdings schon im Flachlande ;
Zittau liegt im Lausitzer Gebirge.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
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76 —
Die beiden Glanzpunkte der sächsischen Industrie bilden:
a) die Textil-, b) die Maschinenindustrie.
a) Die Textilindustrie.
Nach der letzten Gewerbezählung waren in Sachsen 267 000
Personen in diesem Erwerbszweige beschäftigt, d. h. 23 °/0 der
Bevölkerung Sachsens gegenüber 10 °/0 im Reiche. Der Grund
für diese hohe Ziffer liegt in der hier besonders stark be-
triebenen Strickerei und Wirkerei.
Die Hauptsitze der Textilindustrie sind:
1. Chemnitz (210 000).
Es ist nicht nur die erste Industriestadt ihrer engeren
Heimat, sondern es nimmt auch unter den gewerbreichen Plätzen
des Reiches eine hervorragende Stelle ein.
Zwar sind es nur verhältnismäßig wenige Zweige der In-
dustrie, die es in seinen Mauern beherbergt, aber sie haben
der Stadt ihr Hauptgepräge gegeben.
Es sind besonders: die Spinnerei, Weberei, Wirkerei
und der Maschinenbau.
Daher führt Chemnitz auch den Namen »Sächsisches
Manchester und Birmingham«.
In der Herstellung gewirkter Stoffe, besonders gewirkter
Strümpfe, nimmt es in Deutschland die erste Stelle ein.
Nicht minder hervorragend ist die Chemnitzer Maschinen-
fabrikation. Durch die Verfertigung von Spinnmaschinen
und Lokomotiven hat Chemnitz Weltruf erlangt.
In ursächlichem Zusammenhange mit der reichen Gewerbe-
tätigkeit steht die Errichtung der höheren Gewerbeschule.
2. Reichenbach, Krimmitschau und Werdau. Sie
bilden die Zentralplätze der sächsischen Vigognespinnerei
und -weberei und beschäftigen viel tausend Arbeiter.
3. Meerane und Glauchau. Sie sind die Fabrikations-
stätten wollener, halbwollener und seidener Kleiderstoffe.
b) Maschinenindustrie.
Die Hauptsitze dieser Industrie sind außer Chemnitz
vor allem Zwickau, Freiberg und Großenhain.
Zwickau (56000). Im Gegensatze zu Chemnitz haben sich
hier die verschiedenartigsten Industriezweige entwickelt, von denen
aber keiner von hervorragender Bedeutung ist. Die wichtigsten
sind: die Herstellung von Farben, Lacken, Firnissen,
Ton-, Glas- und Porzellanwaren sowie die Fabrikation
von Maschinen und Chemikalien.
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121
Deutschland Bedeutendes geleistet, besonders von den Städten
Berlin, München, Nürnberg, Iserlohn, Leipzig und
Dresden.
2. Textilindustrie.
a) Wollindustrie.
Das deutsche Wollgewerbe hatte schon im 13. Jahrhundert eine ge-
wisse Selbständigkeit erlangt. Damals kam, ebenso wie es heute noch der
Fall ist, die Schafwolle als Rohprodukt für die Wollverarbeitung in erster
Linie in Betracht. Kaschmir-, Angora-, Alpaka- imd Lamawolle, wenn auch
nicht ohne Bedeutung, treten der Schafwolle gegenüber in den Hintergrund.
Im Gegensatz zu früherer Zeit muß heute die Wollindustrie
ihren Bedarf, der sich jährlich auf etwa 180 bis 200 Mill. Kilo
beläuft, zum größeren Teile im Auslande decken. Viele Millionen
gehen in jedem Jahre für Schafwolle nach Australien, Süd-
amerika und Südafrika.
Ehe die Wolle zur Herstellung eines Yerbrauchsartikels ver-
wendet werden kann, muß sie verschiedenartigen Bearbeitungen
unterzogen werden. Es mögen hier nur drei Haupt zweige der
Wollindustrie namhaft gemacht werden: die Wollbereitung,
die Wollspinnerei und die Wollweberei. Für die Woll-
bereitung (Wollwäscherei, -kämmerei) gibt es zahlreiche Be-
triebe in Deutschland. Die größten unter ihnen, gleichsam
Riesenbetriebe, von denen jeder mehr als 500 Personen be-
schäftigt, befinden sich in Döhren (Bezirk Hannover), Harburg,
Blumenthal (Bezirk Stade), Delmenhorst (Oldenburg),
Mylau (Plauen) und Leipzig. Für Wollspinnerei und Woll-
weberei, die meist in enger Verbindung stehen, kommen fol-
gende Hauptbezirke in Betracht:
1. der brandenburgisch-niederschlesische,
2. der thüringisch-reußische,
3. der sächsische,
4. der bayerisch-oberfränkische,
5. der rheinisch-bergische,
6. der elsässische.
Tuch- und Buckskinfabrikation blühen in Branden-
burg (Kottbus, Luckenwalde), Schlesien (Görlitz, Sagan), im
Rheinlande (Aachen, Eupen, Düren) und im Königreich
Sachsen. Die stärkste und zugleich vielseitigste Wollwaren-
erzeugung im Königreich Sachsen weist die Kreishauptmann-
schaft Zwickau auf, welche in der Webeindustrie allein über
5000 Betriebe mit 25 000 Personen zählt. Die größten Spinne-
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TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Blumenthal
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Berlin Nürnberg Iserlohn Leipzig Dresden Australien amerika Deutschland Hannover Harburg Stade Delmenhorst Oldenburg Plauen Leipzig Luckenwalde Schlesien Sagan Rheinlande Aachen Eupen Sachsen Sachsen Zwickau
122
reien des Bezirks finden sich in Zwickau, Chemnitz,
Harthau, Glauchau und Plauen.
Greiz, Gera und die elsässischen Industriestädte Kolmar,
Mülhausen, Gebweiler und andere sind sowohl für die Weberei
wie die Spinnerei von größter Bedeutung. In der Teppich-
weberei haben Berlin und Bremen größeren Ruf erlangt.
Welche hohe wirtschaftliche Stellung die Wollindustrie im
deutschen Erwerbsleben einnimmt, geht am deutlichsten aus
ihrem Anteil an der Gesamtausfuhr des Deutschen Reiches hervor.
Im Jahre 1902 belief sich die Ausfuhr an Wollwaren auf
267 Mill. Mark und stellte 5,5 °/0 von dem Gesamtwerte der Aus-
fuhr dar. Dadurch trat das Wollgewerbe mit seiner Ausfuhr an
die Spitze aller Erwerbszweige Deutschlands. An der Aufnahme
der deutschen Ausfuhr waren in erster Linie beteiligt: Groß-
britannien, die Schweiz, Dänemark, die Niederlande und
Schweden.
b) Baumwollindustrie. Die deutsche Baumwollindustrie
beschäftigt etwa ein Drittel der in der Textilindustrie tätigen
Personen. Es werden jährlich für mehr als Sl/2 Milliarden Mark
Baumwollfabrikate angefertigt. Dadurch wird nicht nur der
sehr bedeutende Inlandbedarf gedeckt, sondern es geht auch
ein sehr beträchtlicher Teil ins Ausland. Die Baumwollwaren
standen im Jahre 1902 unter den Warengattungen der Ausfuhr
an zweiter Stelle und bildeten 5,4 °/0 unserer Gesamtausfuhr.
Für die geographische Verbreitung der Baumwollindustrie
kommen folgende Hauptbezirke in Betracht:
a) der oberelsässische (Mülhausen, Kolmar),
b) der württembergische (Reutlingen, Göppingen,
Ravensburg),
c) der Augsburger (Augsburg und Nachbarorte),
d) der thüringisch-sächsische (Chemnitz, Zwickau,
Annaberg, Plauen),
e) der rheinisch-westfälische (Elberfeld, Barmen,
München-Gladbach, Rheydt).
Kleinere Bezirke finden sich in der Oberlausitz und in
den Provinzen Schlesien, Brandenburg und Sachsen.
In seinem Bedarf an Rohbaumwolle ist die deutsche
Baumwollindustrie in fast bedenklichem Umfange von den Ver-
einigten Staaten abhängig. Ein politischer oder wirtschaftlicher
Konflikt mit der Union könnte daher für diesen Industriezweig
von unberechenbaren Folgen sein. Im übrigen haben nur noch
Ostindien und Ägypten einen größeren Anteil an unserer Ein-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf]]
— 123
fuhr. Der Baumwolleinfuhr des Jahres 1902 im Werte
von 319,7 Mill. Mark stand eine Ausfuhr von Baumwoll-
waren im Werte von 259,2 Mill. Mark gegenüber.
c) Die Leinenindustrie.
Das deutsche Leinengewerbe, das jahrhundertelang ein berühmtes
Hausgewerbe und auch im Auslande seiner vorzüglichen Fabrikate wegen
sehr geschätzt war, bildet sich heute mehr und mehr zu einer fabrik-
mäßigen Großindustrie um. Im Zusammenhange damit steht eine be-
ständige Abnahme des Flachs- und Hanfbaues in Deutschland, weshalb die
Leinenindustrie gezwungen ist, über vier Fünftel ihres Bedarfes an Roh-
stoffen (Flachs, Hanf, Werg) aus dem Auslande, namentlich aus Ruß-
land, Österreich-Ungarn und Italien, zu beziehen.
Die Leinenindustrie ist als Kleingewerbe über ganz Deutsch-
land verbreitet. Für den Fabrikbetrieb haben folgende Gebiete
besondere Bedeutung:
1. Westfalen (Bielefeld, Herford, Warendorf).
2. Lausitz (Zittau, Großschönau, Sorau).
3. Schlesien (Hirschberg, Waldenburg, Landeshut,Langen-
bielau, Lauban).
4. Württemberg (Blaubeuren).
Für die aus dem Auslande bezogenen Rohstoffe: Flachs,
Hanf und Werg wurden (den Ausfuhrwert in Abzug gebracht)
im Jahre 1902 rund 50 Mill. Mark ausgegeben. Der Einfuhr an
Leinengarnen aus Belgien, Großbritannien und Österreich-Ungarn
im Werte von 13,9 Mill. Mark stand eine Ausfuhr von 3,1 Mill.
Mark gegenüber, so daß eine Mehreinfuhr von 10,8 Mill. Mark
verbheb. Leinwand, Leinenzwillich und -drillich und ungefärbte
Gewebe aus Jute und Manilahanf wurden für 5,1 Mill. Mark
ein- und für 9,7 Mill. Mark ausgeführt.
d) Die Juteindustrie, welche die Bastfasern einer in Ost-
asien heimischen Gespinstpflanze (Kapselmuspflanze) zu Säcken,
Packleinen, Gardinen, Plüschen und anderen Geweben ver-
arbeitet, hat sich in Deutschland schnell zu bedeutendem Um-
fange entwickelt. Aus den stark steigenden Zahlen der Rohstoff-
einfuhr ist der Aufschwung dieses Industriezweiges zu ersehen.
In dem Jahre 1900 litt er jedoch stark an den Folgen einer
bedeutenden Überproduktion. Die starke Konkurrenz der in-
dischen und schottischen Juteindustrie (Dundee), die beide unter
wesentlich günstigeren Bedingungen (billigere Löhne und ge-
schickteres Personal) als die deutsche arbeiten, verhindern es,
daß die deutschen Jutefabrikate auf dem Weltmarkte größeren
Absatz finden. Die Hauptsitze der Juteweberei sind Braun-
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ruß- Italien Westfalen Bielefeld Herford Warendorf Hirschberg Waldenburg Landeshut Belgien Deutschland
— 17 —
Das Fichtelgebirge. (Landschaftliches.)
Der größte Teil desselben setzt sich aus geschichtetem Granit und
kristallinischen Schiefern zusammen. Ein Kiesengranit, der 1000 m hohe
Schneeberg, bildet die höchste Erhebung; seine schroff abstürzenden,
dicht bewaldeten Wände ragen majestätisch in die Luft. Ein fast beispiel-
loser Keichtum an Gewässern und Quellen zeichnet das Fichtelgebirge vor
andern Gebirgen aus. Nach den vier Haupthimmelsrichtungen entfließen
diesem Saugbrunnen deutscher Flüsse Main, Naab, Eger und Saale.
Welches sind die wichtigsten Erwerbszweige im Fichtel-
gebirge?
Gleich dem Bodenbau ist auch die Rindviehzucht
wenig ertragreich; dagegen ist die Ziegenzucht sehr lohnend.
Der Holzreichtum des Gebirges beschäftigt eine statt-
liche Zahl der Bewohner als Fäller und Kohlenbrenner;
auch geben Glasfabrikation, Flachsspinnerei und Weberei
vielen Lohn und Brot.
Während in früheren Zeiten die Bewohner Gold suchten
und auch fanden, werden heute neben Eisen, Zinn, Alaun
und Vitriol vornehmlich granitene Bausteine gewonnen.
Am Nordfuße des Fichtelgebirges liegt in schöner, aber
sehr rauher Gegend (bayerisches Sibirien genannt) die
Fabrikstadt Hof, das bayerische Manchester.
Die Ausfuhr von Baumwoll-, Woll- und Leinen-
waren ist bedeutend. Große Färbereien, Teppich-
druckereien,Maschinenfabriken, Chemikalien-, Zucker-,
Zellulose- und Porzellanfabriken zeugen von reger in-
dustrieller Tätigkeit, die es seiner günstigen Lage in der Senke
zwischen dem Thüringer Walde und dem Fichtelgebirge und
der Nähe des Zwickauer Kohlenlagers verdankt.
Kulmbach, am Nordwestfuße, ist bekannt durch seine
Bierbrauereien.
Der Böhmerwald.
9
Geologisches und Landschaftliches.
Der Böhmerwald ist wohl die älteste aller Bodenerhebungen
Deutschlands.
Die Urgesteinsmassen (Gneis, Granit und Glimmerschiefer), aus
denen das Gebirge sich hauptsächlich zusammensetzt, sind verwittert, und
ihre Trümmer füllen die tiefen Talmulden, die sich einst zwischen den
Gebirgsrücken ausdehnten.
Wolff—pflug, Wirtschaftsgeographie. I. 2
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Ortsnamen: Main Eger Thüringer_Walde Kulmbach Nordwestfuße Böhmerwald Böhmerwald Deutschlands
— 80 —
Es besteht aus zwei gleichlaufenden Kämmen, zwischen denen ein
schmales Längental eingebettet ist. Auf dem preußischen Kamm liegt
die höchste Erhebung, die Schneekoppe (1605).
Nach Norden senkt sich das Gebirge zum lieblichen
Hirschberger Talkessel.
2. Der Glatzer Gebirgskessel.
Es stellt ein in etwa 400 m Höhe liegendes rechteckiges
Plateau dar, das von vielen hohen Randgebirgen umschlossen ist.
3. Das schlesische Hügelland.
Gleich einem breiten Saume zieht es sich am Fuße
der Sudeten hin. An mehreren Stellen ragen größere Berg-
gruppen aus ihm hervor. So der Zobten bei Schweidnitz,
die Striegauer Berge und die Landeskrone bei Görlitz.
Womit beschäftigen sich die Bewohner der Sudeten und des
schlesischen Hügellandes?
a) Almwirtschaft. Der Reichtum an futterreichen Weiden
hat hoch oben im Gebirge (besonders im Riesengebirge) ähnlich
wie im Algäu, im Schwarzwalde und in den Yogesen zur
sogenannten Almwirtschaft geführt. Man schätzt die Zahl
aller Bauden des Riesengebirges auf 3000, den Reichtum an
Rindern und Ziegen auf über 30 000 Stück.
b) Industrie (im Gebirge). Die nächstwichtige Erwerbs-
quelle bildet die Leinenindustrie. Sie steht in ursächlichem
Zusammenhange mit dem weitverbreiteten Anbau des Flachses
und der ziemlich dichten Besiedlung (175 auf 1 qkm) des
Gebirges. Das Spinnen und Weben ist noch heute, wie in
alten Zeiten, eine Hauptbeschäftigung der zahlreichen Bewohner.
Im Hauptbezirke der Leinenindustrie, im Waldenburger Berg-
lande, liegt daher ein Weberdorf neben dem andern.
Manche von ihnen, wie Langenbielau und Peters-
waldau, zählen gegen 20 000 Einwohner und ziehen sich
meilenweit in den Gebirgstälern entlang.
Großbetriebe (Flachsspinnereien) bestehen in Landeshut,
Erdmannsdorf, Liebau ; Webereien namentlich in der Reichen-
bacher Gegend, in Waldenburg, Landeshut und Hirschberg.
(Im Hügellande). Da dasselbe sich durch große
Fruchtbarkeit auszeichnet, so sind daselbst zahlreiche Städte
zu größerer Entwicklung gelangt. Die bedeutendste ist
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